Dieser Artikel untersucht die Serienstreuung bei Objektiven anhand des Panasonic Lumix G 25mm f/1.7. Objektivtests unterliegen immer wieder der Kritik, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Modellen des gleichen Objektivs so groß seien, dass Tests von Objektiven keinen Sinn machen würden. Aber sind die Unterschiede wirklich so groß, dass ein gutes Objektiv in einem Test schlecht erscheint und umgekehrt?
Das Testverfahren zur Ermittlung der Serienstreuung
Ich habe drei Exemplare des Panasonic Lumix G 25mm f/1.7 gekauft. Alle drei wurden neu erworben, dabei habe ich den Kauf in zwei verschiedenen online Läden durchgeführt mit einem Abstand von 6 Monaten. Hierdurch und anhand der Seriennummern lässt sich schließen, dass die beiden Objektive mindestens aus zwei verschiedenen Produktionsreihen stammen.
Die Testfotos wurden mit einer Olympus OM-D E-M5 Mark II erstellt. Diese befand sich dabei auf einem Stativ, der Bildstabilisator war ausgeschaltet, der rein elektronische Verschluss eingeschaltet, ISO200 eingestellt und die Kamera würde über WLAN fernausgelöst. Vibrationen des Verschlusses konnten daher keinen Einfluss auf die Bilder haben und Verwackler waren ebenfalls nahezu unmöglich. Trotzdem habe ich je 3 Fotos gemacht, um sicher zu gehen. Es handelt sich um 100% Ausschnitte der JPGs direkt aus der Kamera.
Serienstreuung bei F/1.7
Bildmitte
In der Bildmitte sind keine Unterschiede zu erkennen, alle drei Exemplare liefern das gleiche Ergebnis. Serienstreuung spielt keine Rolle.
Bildrand
Während die Objektive mit den Seriennummern …049 und …519 wieder identische Ergebnisse liefern, ist das Objektiv mit der Seriennummer …048 hier tatsächlich etwas schlechter. Ein leichter Fall von Serienstreuung liegt vor.
Serienstreuung bei F/5.6
Bildmitte
In der Bildmitte ist erneut kein Unterschied zwischen den drei Objektiven auszumachen.
Bildrand
Bei F/5.6 sind auch am Bildrand keine Differenz mehr auszumachen.
Fazit zur Serienstreuung
Nur bei einem der drei Objektive war in einem Fall (Bildrand bei F/1.7) ein Fall von Serienstreuung auszumachen. Selbstverständlich existiert Serienstreuung. Bei Objektiven die in Massenproduktion tausendfach hergestellt werden, ist etwas anderes gar nicht möglich. Die Frage ist jedoch: Wie schlimm ist sie? Können zwei Exemplare des gleichen Objektivs drastisch verschieden sein?
Nach diesem Test ist meine Antwort darauf: Serienstreuung existiert und ist messbar, in der Praxis spielt sie jedoch kaum eine Rolle. Sie ist nicht stark genug, damit ein schlechtes Objektiv in einem Test gut abschneidet und umgekehrt. Nur in extremen Fällen dürfte Serienstreuung in der Praxis überhaupt sichtbar sein. Objektivtests sind also relevant auch wenn nur ein einzelnes Exemplar für den Test verwendet wurde.
Das Panasonic Lumix G 25mm F1.7 ist erhältlich bei Amazon, etwas günstiger ist es neu und gebraucht bei Ebay.
Nachtrag zur Serienstreuung
Ich habe viele wütende Kommentare erhalten (Die meisten davon, habe ich aufgrund des – freundlich ausgedrückt – unsachlichen Tonfalls nicht freigeschaltet.) von Leuten, welche der Meinung sind, Serienstreuung spiele eine große Rolle. Mehrfach hieß es, es sei bei jedem Objektivkauf nötig, drei bis fünf Exemplare zu erwerben, zu vergleichen und die Überschüssigen zurückzusenden. Ich habe mehrfach um Belege aus solch einem Vergleichstest gebeten, habe aber entweder keine Antwort erhalten, oder mir wurde gesagt, die Vergleichsbilder seien bereits gelöscht worden…
Ein weiterer Vorwurf, welcher mit gemacht wurde, ist, dass von einem Test anhand eines Objektivs keine allgemeingültige Aussage möglich ist. Das wäre richtig, wenn ich irgendwo behauptet hätte eine objektive oder gar wissenschaftliche Studie vorzunehmen, ich habe aber lediglich einen Schluss für mich selbst und meine Objektivtests gezogen. Eine wissenschaftliche Studie zu dem Thema gibt es nach meinem Wissen nicht. Am nächsten an eine solche heran kommt eine Untersuchung von Lensrentals.com. (Einen entsprechenden Artikel gibt es auf Englisch bei dpreview.) Hier wurden hunderte von Objektiven auf die Serienstreuung untersucht. Das Ergebnis der Studie ist: Serienstreuung ist in der Massenproduktion unvermeidbar und lässt sich bei jedem Objektiv messen. Sie ist jedoch so gering, dass sie in der fotografischen Praxis keine Rolle spielt. Das Fazit von Lensrentals ist also mit meinem eigenen Fazit identisch. Lensrentals fügt übrigens an, dass sie hin und wieder ein ernsthaft defektes Objektiv erhalten, diese aber deutlich von der Serienstreuung unterschieden werden kann und sich der Defekt in der Regel auch ohne einen Vergleich mit anderen Objektiven erkennen lässt.
Warum sind aber nun so viele Menschen der Meinung bei jedem Kauf so einen umfangreichen Test durchführen zu müssen? Eine mögliche Erklärung wäre, dass früher die Serienstreuung tatsächlich größer war und sich alte Gewohnheiten nur schwer ablegen lassen. Ich muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass es noch einen weiteren Grund gibt: Vergleichstest von Objektiven durchzuführen ist alles andere als einfach. Es gibt viele kleine Faktoren, welche das Ergebnis beeinflussen und es tatsächlich so wirken lassen, als sei ein Objektiv schärfer als das andere. Dies sind nicht nur relativ offensichtliche Faktoren wie Aufnahmen aus der Hand, Fokusfehler, ungeeignete Motive, unterschiedliche ISO Werte, Verschlussvibrationen oder das Fotografieren ohne Fernauslöser. Es gibt auch wesentlich weniger offensichtliche Einflüsse, z. B. eine veränderte Belichtung durch Wechsel in der Bewölkung oder Reflektionen. Selbst Schritte auf Laminat, auf welchem das Stativ steht, können für Vibrationen sorgen, welche Bilder minimal unscharf erscheinen lassen.
Ich bin für Widerspruch jederzeit offen, ich möchte aber darum bitten, dass nicht einfach behauptet wird, Lensrentals und ich lägen falsch, sondern dies auch belegt wird. Wer angeblich mehrfach starke Fälle von Serienstreuung erlebt hat und deswegen alle Objektive umfangreich darauf testet, sollte uns doch leicht in einem entsprechenden Test diese Serienstreuung vorführen können.